Das Berliner Charterboot
Bei unserem Boot handelt es sich um eine Pinasse, die viele Jahre im Einsatz bei der Bundeswehr war. Es ist vollständig aus Holz gebaut. Unter der Motorhaube tuckert ein 70 PS starker Dieselmotor der Firma Mercedes Benz. Die Condor verfügt über einen Salon mit bis zu 8 Sitzplätzen. Die Pinasse ist mit Echolot, Sumlog, Kompass und einer automatischen Selbststeuerungsanlage ausgerüstet. Zum Betreiben elektronischer Geräte wie z.B. eines Laptops oder kleiner Ladegeräte steht eine unabhängige 230V-Stromversorgung (max. 420W) zur Verfügung. Die Schleuderscheiben garantieren eine gute Sicht selbst bei starkem Regen. Zu Ihrer Sicherheit sind Rettungswesten für jeden Passagier sowie 2 Rettungsringe, ein Feuerlöscher und eine Löschdecke vorhanden. Die letzten Eigner haben es gut gepflegt und mit Bedacht - wo notwendig - modernisiert. So ist das Boot nach 63 Jahren fast im Originalzustand erhalten. Das soll auch so bleiben. Notwendige Instandsetzungsarbeiten werden natürlich ausgeführt, dabei können wir auf Kopien der originalen Bau- und Ausrüstungszeichnungen aus dem Jahr 1961 zurückgreifen. Im Jahr 2008 wurde die Pantry neu gebaut, die Kajüte fast vollständig überarbeitet und nach Originalvorlagen eine neue Fahrpersenning angefertigt. Mit ihr wird die Condor durch wenige Handgriffe zum Cabriolet.
Die technischen Daten
Maße: | 9,64m x 2,60m (Tiefgang 0,90m, Höhe über Wasserlinie 2,35m) |
Gewicht: | ca. 6t |
Baujahr: | 1961 |
Motor: | Mercedes OM 312, 70 PS |
Kraftstofftank: | 200 l |
Wassertank: | 70 l |
Rumpf: | doppelt karweel-beplankt mit Zwischenlage aus Leinwand (Mahagoni-Planken auf Eichenspanten) |
Aufbauten: | Teak, Mahagoni |
Ausstattung: | UKW Sprechfunk für den Binnenschifffahrtsfunk, Echolot, Sumlog, Kompass, automatische Selbststeuerungsanlage, Schleuderscheiben, 3 Lenzpumpen (Motor, Hand, elektrisch), 230V-Landanschluß, Suchscheinwerfer, Internetzugang über UMTS/WLAN-Router, 230V-Bord-Stromversorgung auch ohne Landanschluß (420W) | Sicherheitsausstattung: | Rettungsmittel für alle an Bord befindlichen Personen (Rettungswesten auch für Kinder), Feuerlöscher |
Pantry: | mit zweiflammigem Kocher und kleinem Waschbecken |
Die Geschichte des Bootes
Wir wissen nicht viel über die Geschichte unserer Pinasse. Die Boote dieser Schiffklassen wurden wahrscheinlich auf mehreren Werften gebaut, so zum Beispiel auf der Bootswerft Schweers in Bardenfleth/Weser, die seit 2001 zur Lürssen-Gruppe gehört. Mögliche Werften sind auch die Hatecke-Werft in Drochtersen oder die Everswerft in Niendorf. Nach uns vorliegenden Kopien der originalen Bau- und Ausrüstungszeichnungen war Herr Kurt A. H. Oehlmann (Schiffbauingenieur, Travemünde) der Konstrukteur der Pinasse. Weitere Unterlagen sind bei den Werften nicht mehr erhältlich, diese sind durch Hochwasser und andere Ereignisse verloren gegangen.
Dieser Bootstyp war unter anderem als Kommandantenboot auf den Tenderschiffen (Versorgungsschiff), so zum Beispiel auf dem Tender Elbe, im Einsatz. Die Pinasse gehörte der Schiffklasse 936 an, von der lt. Schiffsnummerverzeichnis etwa 15 Stück gebaut wurden, nur wenige waren mit 70 PS motorisiert und mit Sonderausrüstungen wie Schleuderscheiben, Suchscheinwerfer und Selbssteueranlage ausgerüstet. Von der Schwesterklasse 935 wurden ca. 24 Stück gebaut, eine davon, die Pinasse "Nordwind" (ehemals Beiboot des Tenders "Saar" der Bundesmarine), wird im Yachtclub Kassel für Hafenrundfahrten eingesetzt. Eine weitere Pinasse dieser Bauart wird bei der Marinekameradschaft Heilbronn gepflegt. Die Schiffsklasse 935 wurde später durch die Klasse 954 ersetzt. Sie unterscheidet sich optisch nicht von der 935. Allerdings wurden diese aus GFK gefertigt. Eine Pinasse dieser Bauart war bis Juni 2006 im Marinehafen Olpenitz im Dienst. Ob die Klasse 936 einen Nachfolger hatte ist uns nicht bekannt, es gibt aber Fotos von Pinassen aus GFK mit Kajüte. Ob es sich dabei um Umbauten der Klasse 954 handelt, wissen wir nicht. Etwa Anfang der achtziger Jahre wurde unsere Pinasse von der Marine ausgemustert, sie ist seitdem in Privatbesitz. Seit ihrer Ausserdienststellung lag sie im Yachthafen "Munkmarsch" auf Sylt, ab 1989 dann in Husum und an der Eider.
Die Schiffsklasse 935 wurde später durch die Klasse 954 ersetzt. Sie unterscheidet sich optisch nicht von der 935, wurde allerdings aus GFK gefertigt. Eine Pinasse dieser Bauart war bis Juni 2006 im Marinehafen Olpenitz im Einsatz. Weitere Pinassen werden in der Marineschule Mürwik an der Flensburger Förde
zur Ausbildung
genutzt. Dort konnte ich eine der Pinassen der Klasse 954 über die Förde steuern.
Von den mit Kajüte gebauten Pinassen gibt es neben unserer noch zwei weitere, die bis vor kurzem bei der Bundeswehr in Marinetechnikschulen im Einsatz waren. Sie wurden außer Dienst gestellt und standen bei der Vebeg zum Verkauf. Über weitere Pinassen ist uns bisher nichts bekannt.
Der Begriff Pinasse wird unterschiedlich erklärt. Laut Wikipedia wird die Bezeichnung Pinasse ("Pinasse", aus dem Französischen, stammt vom lateinischen pinus = Kiefer, d.h. ursprünglich aus Kiefernholz) für die unterschiedlichsten Boots- oder Schiffstypen verwendet. Die Oeconomischen Encyclopädie (1773 - 1858) von J. G. Krünitz, deren Online-Version von der Uni Trier zur Verfügung gestellt wird, definiert Pinasse so:
Pinasse, oder Pinnasse, Engl. Pinnace, heißt bey den Engländern die Schaluppe, welche zur Bequemlichkeit der Officiere des Oberstaabs dient. Die für den Flaggenofficier oder Admiral bestimmte, heißt Barge, ist größer und führt selten weniger als zehn Riemen, da hingegen die Pinasse nie mehr als acht hat.
Pinasse heißt: zweytens auch ein kleines Fahrzeug, welches Skuner Takelasche führt, und auch zum Rudern eingerichtet ist.